Das Haus Mühlenstraße 20 – Die zweite Geburt eines Quedlinburger Fachwerkhauses

Es ist eine Geschichte, die an das Schicksal des Vogels aus mythischen Erzählungen erinnert: »Wie der Phönix aus der Asche« erlebt das Haus Mühlenstraße 20, das heutige Hotel Domschatz, zu Beginn der 1990er Jahre seine Wiederauferstehung. Dafür verantwortlich ist die Göttinger Architektin und Diplom-Ingenieurin Angelika Drews. Die gebürtige Thüringerin verliebt sich nach der Wende auf Anhieb in die Fachwerkstadt Quedlinburg. Gemeinsam mit ihrem Mann lässt sie das Haus fachgerecht restaurieren und sanieren. Der Umbau ist für sie mehr als nur irgendein Projekt. Es ist ein Kraftakt, der nur mit viel Herzblut zu stemmen ist. Am Ende entsteht aus vielen Bauzeichnungen das Haus wie wir es heute als Hotel Domschatz kennen: Mit seiner grünen Fachwerkfassade, den roten Balkenköpfchen und dem roten Dach ist es wieder ein lebendiger Ort geworden, der Quedlinburg-Besuchern ein wunderschönes Zuhause auf Zeit bietet.


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Hotel Domschatz und Schlossberg – Foto: lehnerfoto.de

Unser Hotel bietet Ihnen eine einzigartige Lage am Fuße des Schlossbergs. Ihre Zimmerbuchung können Sie telefonisch oder online vornehmen. Wir freuen uns auf Sie.


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Es ist der 9. November des Jahres 1989 in der DDR. Auf einer Pressekonferenz kündigt Regierungsmitglied Günter Schabowski völlig unerwartet die Öffnung der Grenzen an. Es ist der Anfang vom Ende der DDR. Bereits ein Jahr später kommt es zur deutschen Wiedervereinigung. Jetzt geht die Arbeit richtig los. In vielen ostdeutschen Städten ist die verbliebene historische Bausubstanz in einem jämmerlichen Zustand. Quedlinburg ist eine davon. Die Stadt befindet sich in einem Dornröschenschlaf. Die Fachwerkhäuser wurden stark vernachlässigt. Dazu gehört das Haus Mühlenstraße 20.

In DDR-Zeiten schmiedeten die Regierenden sogar Pläne, die Fachwerkhäuser abzureißen und durch Plattenbauten zu ersetzen. Glücklicherweise wurden diese Planspiele im trägen Räderwerk der Planwirtschaft zerrieben. Tausende Fachwerkhäuser aus 600 Jahren unwiederbringlich zerstört? Eine schaurige Vorstellung.

Angelika-DrewsDie Aufbruchsstimmung Anfang der 1990er Jahre dringt bis ins niedersächsische Göttingen. Dort lebt und arbeit Angelika Drews. Als Architektin und Diplom-Ingenieurin für Hochbau ist sie von den Fachwerkhäusern in Quedlinburg fasziniert. Die Aufnahme der Altstadt und der Stiftskirche St. Servatius in das UNESCO-Weltkulturerbe und die Rückkehr des Domschatzes sind im Gange. Es herrscht eine euphorische Stimmung. Angelika Drews und ihr Mann möchten beim Wiederaufbau der Stadt mitmachen: »Ein Quedlinburger hatte uns vom Haus Mühlenstraße 20 erzählt. Das Haus war bereits im Besitz eines Investors, der aber die Finanzierung nicht stemmen konnte.« Angelika Drews und ihr Mann bekommen das Angebot, das Haus zu kaufen. Sie nehmen die Herausforderung an.

Hotel vor UmbauBei den ersten Begehungen des Objektes bietet sich den beiden neuen Besitzern ein erbärmliches Bild. Die Mauern sind marode, der Putz bröckelt, ganze Steine fehlen. Der Hof sieht aus wie ein Schlachtfeld. Überall liegt Bauschutt herum. Angelika Drews erinnert sich: »Selbst auf dem Dachboden war alles zugemüllt. Hier wurden sogar alte Waschmaschinen, Kühlschränke und ausgediente Kinderwagen entsorgt«. Es fällt schwer sich vorzustellen, dass aus diesem Trümmerhaufen wieder ein bewohnbares Haus werden könnte.

Dann geht es los. Eine auf denkmalgeschützte Häuser spezialisierte Firma wird mit der Ausführung der Bauarbeiten beauftragt. Die Konstruktion wird stabilisiert, marode Balken werden ersetzt. Das Dachgeschoss wird verbreitert, es wird ein neuer Dachstuhl aufgesetzt. Das Haus wird von allem befreit was marode ist. Jetzt steht es nur noch als »nacktes« Balkengerippe da.

waehrendWie die Außensanierung erfolgen muss, ist streng durch den Denkmalschutz geregelt. Den Bauherren bleibt da wenig Spielraum. Dafür haben sie im Inneren mehr Freiheit. Sie verändern teilweise die Raumaufteilung. Nur der neue Frühstücksraum entspricht der ursprünglichen Größe. Darin war früher eine Schuhmacherwerkstatt untergebracht. Der Dachboden wird ausgebaut und bekommt mehrere Zimmer, in denen später die Hotelgäste einen entspannten Schlaf genießen werden. Bevor es soweit ist, versehen die Handwerker die Räume mit einer Wärmedämmung, einer Dampfsperre und Gipskartonplatten. Die Balkenzwischenräume werden neu ausgemauert.

Langsam nimmt das Haus seine neue Gestalt an. Die Elektrik und die Sanitärarbeiten werden von Quedlinburger Firmen erledigt. In einer Rekordzeit von knapp acht Monaten ist die Mammutaufgabe vollbracht. Das Haus erstrahlt in neuem Glanz. Gut möglich, dass es noch nie so schön war wie heute. Die Balken haben eine dunkelgrüne Farbe, die ausgemauerten Zwischenräume haben einen etwas helleren Grünton bekommen. An den oberen Fenstern sind Blumenkästen angebracht, die Dachfenster komplettieren wie zwei freundlich blickende Augen das Gesicht des Hauses.

Im Jahr 1994 ist es soweit: Das Haus, das 1789 vom Quedlinburger Zimmermeister Sasse errichtet wurde, ist wiederauferstanden.

nachherSeit der Wiedereinweihung bis heute wird es als Hotel geführt. Das Haus steht stellvertretend für die Entwicklung von Quedlinburg nach der politischen Wende. Jährlich kommen knapp 1,5 Millionen Besucher in die Stadt. Auch die Investitionen in den Wiederaufbau sind beachtlich. Der amtierende Bürgermeister Eberhard Brecht spricht in einem Zeitungsinterview von knapp 400 Millionen Euro, die seit dem Start des »Programm Städtebaulicher Denkmalschutz« vor zwanzig Jahren geflossen sind. Davon sind knapp 300 Millionen Eigenkapital der Bauherren. Es sind Menschen wie Angelika Drews, die mit ihrem Einsatz der Stadt neues Leben eingehaucht haben.

Mit dem Haus Mühlenstraße 20 wurde auch ein Stück Quedlinburger Geschichte gerettet. Handwerker und Arbeiter haben während der letzten knapp 220 Jahre darin ihr Zuhause gefunden. Der Bildhauer Prof. Richard Anders wurde hier geboren. Der Maler Wilhelm Steuerwaldt hat hier mehrere Lebensjahre verbracht. Heute bietet es den Besuchern von Quedlinburg ein Zuhause auf Zeit. Viele Gäste haben sich vom Zauber und der bewegten Geschichte des Hauses überzeugt. Dass sich die Gäste wohlfühlen, dafür sorgt das Team um Hotelchefin Jana Schinkel. Wie Angelika Drews bei der Sanierung beweist sie mit viel Liebe und Herzblut jeden Tag aufs Neue, dass man in Quedlinburg die Vergangenheit hautnah erleben kann.

Information:

Die Architektin und Diplom-Ingenieurin Angelika Drews hat mit dieser komplexen Renovierung und Restaurierung des Fachwerkhauses in der Mühlenstraße 20 wertvolle Erfahrung sammeln können. Sie betreibt in Göttingen das Ingenieur- und Sachverständigenbüro Drews.